La nuit d’Eros?

„Die großen Augenblicke sind die, in denen wir getan haben, was wir uns nie zugetraut hätten.“
Gemälde von Marie von Ebner-EschenbachMarie von Ebner-Eschenbach

„Schon seit Langem verfolge ich einen verrückten Traum“, sagte Ana, meine uruguayische Freundin und Nachbarin in Montreux, als wir im November 2018 bei einer Tasse Kaffee plauderten. Neugierig fragte ich nach, was genau sie im Sinn hatte. Ana erklärte mit feurigem Blick in den Augen, dass ihr ein Abend vorschwebe, an dem sie und ein paar andere Verwegene erotische Texte vortragen würden. „Am besten mit einer Cellistin oder Klarinettistin“, fügte sie hinzu. Ana führte einige Jahre gemeinsam mit ihrem Mann einen Jazzclub in der Altstadt von Montreux – leider ist dieser magische Ort inzwischen Covid-19 zum Opfer gefallen.

Beschwingt von dieser Idee, antwortete ich spontan und ohne langes Grübeln: „Gib mir zwei Tage, und ich melde mich bei dir.“ Sofort dachte ich an einige Mitglieder meines französischen Lesezirkels in Montreux. Ich fragte vier Personen, die ich für am besten geeignet hielt, ob sie mitmachen würden, und alle zeigten sich restlos begeistert. So war unsere Gruppe schnell definiert: eine äußerst eloquente Argentinierin und ihr lesebegeisterter deutscher Ehemann, eine sehr belesene und mehrsprachige, wenn auch eher schüchterne Rumänin und schließlich ich.

Wir trafen uns alle bei Ana, und sofort zeigte sich die ersehnte Magie. Wir begannen ein Konzept zu entwickeln. Ja, wir planten eine Veranstaltung mit dem Titel „Eine Nacht des Eros“, bei der ausgewählte Texte vorgetragen werden sollten. Das Besondere daran war, dass Französisch nicht unsere Muttersprache war – von keinem von uns –, jedoch waren wir der Meinung, dass diese Sprache gerade wegen unserer Akzente am besten zum Thema passte. Unsere vielfältigen kulturellen Hintergründe halfen uns bei der Konzipierung – ebenso wie ein Glas Wein, mit dem wir auf unser Vorhaben anstießen –, und so formten wir ausgelassen ein erstes Programm. In den folgenden Wochen erstellten wir eine Liste erotischer Werke von hoher literarischer Qualität. Zwei wichtige Kriterien mussten erfüllt sein: Es musste sich um eher unbekannte Werke handeln, und nur renommierte Schriftsteller waren zugelassen. Monatelang tauchten wir in die Welt von etwa 100 Büchern ein und wählten schließlich die unserer Meinung nach zehn besten Werke aus, stets mit Bedacht darauf, eine gewisse Vielfalt sicherzustellen. Jeder und jede durfte sich zwei bis drei Texte aussuchen, die zu ihm oder ihr passten, denen die andren aber zustimmen mussten. Manche Passagen lasen wir zu zweit.

Und dann, sieben Monate später, fand tatsächlich der legendäre Abend „La nuit d’Eros“ („Die Nacht des Eros“) vor ausverkauftem Saal statt – er wurde ein voller Erfolg. Die von zahlreichen Gästen gewünschte Fortsetzung, die wir für das folgende Jahr geplant hatten, konnte aber leider wegen der Covid-Pandemie nicht stattfinden.

Warum erzähle ich das? Weil wir Lust auf eine Neuauflage dieses Ereignisses verspüren und gerade bei einer Tasse Kaffee laut darüber nachdenken …und weil der Jazzclub wiedereröffnet wird !

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