Im Portrait: Fotojäger Johannes Gstöttenmayer

Man muss ein hartnäckiger Spinner sein

Johannes Gstöttenmayer

Familienforschung geht Hand in Hand mit einer weiteren Disziplin, die ich für meine Nachforschungen herangezogen habe: der Suche und Entschlüsselung alter Bilder. Dazu habe ich Johann Gstöttenmayer befragt, einen „Fotojäger“ historischer Bilder aus Oberösterreich.

Auch er berichtet, dass seine Leidenschaft bereits auf die Kindheit zurückgeht, als seine Eltern die ganze Familie stets ins Museum mitnahm. „Man muss ein hartnäckiger Spinner sein, mit einer Portion Besessenheit. Der Kontakt mit Menschen beschert Freude – meist sind es ganz besondere Leute, oftmals betagt und allein. Ihr Vermächtnis sind alte Fotos und deren Geschichten. Oft sind es auch schrullige Personen, die mir ihre Bilder anvertrauen und die gerne über ihr Leben plaudern. Ich bin ein ‚Sherlock Holmes‘ für historische Bilder und Dokumente.

Pro Jahr treffe ich ungefähr 50 Leute, die mich mit Fotoalben oder alten Glasplatten versorgen, die wollen, dass alte Ansichten, Postkarten, Kindheitserinnerungen nicht verloren gehen. Ich erweise ihnen Respekt, und sie schätzen das. Oftmals ergeben sich unglaubliche Zufälle, oder vielleicht sind es gar keine – vielleicht ziehe ich Personen an, die alte Bilder weitergeben wollen. Kuriose Geschichten passieren immer: wenn ich beispielsweise auf dem Flohmarkt das alte vergilbte Porträtbild meiner längst verstorbenen Nachbarin entdecke oder mir jemand ein Foto schickt, das zu einer gewaltigen Sammlung gehört.“

Als ich Johann Gstöttenmayer vor vier Jahren kennenlernte, besaß er beachtliche 22.000 historische Bilder aus Linz und Umgebung, bestens katalogisiert und digitalisiert, „damit man sofort weiß, ob man nicht eine Ansichtskarte schon mal auf dem Flohmarkt gekauft hat“. Heute ist seine Sammlung auf 33.000 Fotos angewachsen. In der Digitalisierung sieht er eine große Chance, um die Qualität einzigartiger Schnappschüsse wiederherzustellen, und jene vergilbter Bilder zu verbessern. Er stellt seine Bilder außerdem gern Uni-Absolventen, die an einer Dissertation arbeiten, zur Verfügung – oftmals gratis.

Mir machte er zwei unglaubliche Geschenke: ein Foto, offensichtlich in der Wohnung meiner Großeltern geschossen, mit dem Blick auf den Gefängnishof in Linz-Urfahr.  Ich hatte diesen Blick in meinem ersten Buch „Die Meisterin“ geschildert, und als er das las, kontaktierte er mich sofort. Zudem fand er einige alte Aufnahmen meines Elternhauses aus den Jahren 1906 und davor, als das Areal noch leer war und dort kein Gebäude stand. Ein weiteres Gustostückerl seiner Sammlung:  eine Aufnahme des Linzer Hauptplatzes aus dem Jahr 1937, auf der das Spielwarengeschäft „Beyerl“ meiner Großeltern, zu sehen ist:

Spielwarengeschäft Beyerl, Hauptplatz Linz
Linzer Hauptplatz mit Spielwarengeschäft Beyerl, 1937

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